Geschichte des Stadtteils Rockenau

Dr. Rüdiger Lenz

Rockenau entstand als kleiner Weiler innerhalb der [Groß-] Gemarkung Eberbach vermutlich nach dem Jahr 1000. Die älteste Erwähnung Rockenaus datiert in das Jahr 1284 zusammen mit der Reichsburg Stolzeneck, die Grundbesitz und andere, nicht genauer beschriebene Rechte im Weiler besaß. Die 1284 verwendete Namensform Raggenowe bezieht sich vermutlich auf den landwirtschaftlichen Anbau mit Roggen in den fruchtbaren Niederungen des Neckars, betont also die landwirtschaftlich geprägte Existenzform des Weilers. Obwohl nur im Zusammenhang mit der Burg Stolzeneck erstmals erwähnt, teilte der Weiler ganz die territorialen Schicksale von Eberbach. Aus bischöflich-wormsischen Besitz ging der Raum Eberbach im frühen 13. Jahrhundert an die Staufer über, 1330 schließlich an die Kurpfalz. Rockenau wird allerdings erst um 1370 im Besitz der Pfalz bezeugt. Der Raum Eberbach, darunter Rockenau, gehörte bis 1803 zur Kurpfalz – abgesehen von der kurzen Zuteilung zur pfälzischen Nebenlinie Pfalz-Mosbach (1410-1499). Nach 1803 waren zunächst die Fürsten von Leiningen Stadt- bzw. Dorfherren, seit 1806 gehört der Raum Eberbach mit Rockenau zu Baden.

Das pfälzische Dorf Rockenau zählte zum engen Verflechtungsbereich der Stadt Eberbach und war Teil der gleichnamigen Zent und Kellerei. Die Zent war für die Ausübung der höheren Gerichtsbarkeit zuständig, darunter für Blut- oder Todesstrafen, die Kellerei für den Einzug der Abgaben der Untertanen in Rockenau. Zusammen mit Neckarwimmersbach, Pleutersbach und [Badisch-] Igelsbach zählte Rockenau zum Landbesitz der Stadt Eberbach. Schon im ausgehenden 17. Jahrhundert bildeten die vier Orte jedoch die gemeindeähnliche Organisation der „Vier Weiler“, die wegen ihres untergeordneten Status eigene Organe (z.B. Schultheiß) bzw. Sondernutzungsrechte (etwa Vieh- und Weiderechte) sich erkämpften. Nach der Auflösung der Gemeinde der Vier Weiler erhielt Rockenau im Jahr 1815 seine kommunale Selbständigkeit. Im Zuge der Kommunalreform wurde Rockenau 1975 nach Eberbach eingegliedert; einige Anläufe vor 1945 waren an der ablehnenden Haltung der Bürger Rockenaus gescheitert.

Die kleine Gemarkung Rockenau erstreckt sich in schlauchartiger Form zwischen Neckar und Hebart; nach 1612/13  kam auch die Fläche des aufgelösten Weilers Krösselbach hinzu. Die älteste Siedlung Rockenau entstand auf den flachen Hängen in straßendorfartiger Form. Das Zentrum bildet eine kleine weilerartige Verdichtung, darunter ein Fachwerkhaus, das in das Jahr 1430 datiert wird. Schon außerhalb des ältesten Kernes befindet sich das zweigeschossige, mit Dachreiter versehene frühere Rat- und Schulhaus, das 1894/95 erstellt wurde. Die über Jahrhunderte hinweg unveränderte räumliche Ausdehnung des Dorfes erfuhr erst im 19. Jahrhundert Wachstumsansätze im Norden und im Süden. Die Neubaubereiche schließen sich von der früheren Hauptstraße bis zum Waldrand an. 1965 baute die Gemeinde eine Sport- und Festhalle. Die erste WasserIeitung in Rockenau wurde 1926 gelegt. Nach der Eingemeindung wurden Kanalisation und Ortsentwässerung erneuert, neue Baugebiete entstanden nördlich und südlich des Ledelswegs, am Klingenacker, am Brunnenweg sowie „Am Lindenstein“. Seit 1920 bezog Rockenau elektrischen Strom, erst 1986 übernahmen die Stadtwerke Eberbach die Stromversorgung.

Rockenau gehörte kirchlich stets zu Eberbach. 1949 wurde im Ort ein eigener Friedhof angelegt, 1980 die Friedhofskapelle eingeweiht. Die evangeIische Bergkirche "Zur Zuflucht" entstand 1959/60. Südlich des Dorfes liegt in einem Park der riesige Block des ehemaligen Sanatoriums Eberbach sowie - weiter oberhalb - zwei Häuser des [neu entstandenen] Wohnplatzes Krösselbach. Das Sanatorium wurde 1897 als private Nervenheilstätte gegründet und 1929 von Prof. Dr. Kurt Schlapper in eine Lungenheilstätte umgewandelt. Heute beherbergt es ein Altersheim.

Fischfang und Landwirtschaft waren jahrhundertelang Erwerbsquellen der Rockenauer Bevölkerung. Bei der Enge der Gemarkung konnte die Bevölkerung schon früh nicht mehr ausschließlich von der Landwirtschaft leben, trotz der Möglichkeiten, die Wald­weide und die Nutzung von Waldflächen in Form von Hackwaldwirtschaft boten. Beinahe die Hälfte der Familien hatte schon zu Beginn des 19. Jahrhunderts außer der Landwirtschaft noch eine andere UnterhaItsquelle, darunter als Taglöhner. Letztere fanden gegen Ende des 19. Jahrhunderts vor allem in den Eberbacher Steinbrüchen Arbeit. Seit dem Zweiten Weltkrieg ist es zum völligen Umschwung der Erwerbsverhältnisse gekommen. Rockenau entwickelte sich zu einer Auspendler- und Arbeiterwohngemeinde. Die Auspendler arbeiten überwiegend im Raum Eberbach. Seit 1925 entstand aus einem auf der Gemarkung liegenden Steinbruch das Sandsteinwerk Karl Schmelzer, der Hauptbetrieb befindet sich in Rockenau, ein Zweigbetrieb seit 1954 in der Gaimühle. Bei Krösselbach siedelte sich in der Nachkriegszeit eine Keramikwerkstätte an. Eine Freiwillige Feuerwehr gibt es seit 1895, sie ist heute ein selbständiger Zug der Eberbacher Feuerwehr. Der Männergesangverein wurde 1912 gegründet, die Sportgemeinschaft Rockenau 1931.

Literaturhinweis

  • Rüdiger Lenz: Entwicklung der Stadtteile Brombach und Rockenau seit der Eingemeindung (1975-2000), in: Eberbacher Geschichtsblatt 100 (2001), S. 82-87.

    Rüdiger Lenz: 725 Jahre Rockenau - ein geschichtlicher Rückblick, in: Eberbacher Geschichtsblatt 110 (2011), S. 63-76.
 

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