Geschichte des Stadtteils Pleutersbach

Dr. Rüdiger Lenz

Das Dorf Pleutersbach, am gleichnamigen Bächlein gelegen und erstmals im Jahr 1360 erwähnt, zählte stets zum Vorfeld der Stadt Eberbach. Am gleichnamigen Bach stießen die Interessen, Güter und Besitzungen der Burgen Dilsberg, Minneburg, Schwarzach und Zwingenberg sowie des Herrschaftsbereichs Eberbach aufeinander. Pleutersbach gehörte zusammen mit Eberbach seit 1330 zur Kurpfalz. Der Pfalzgraf war Dorf-, Gerichts- und Grundherr von Pleutersbach. Er durfte das sog. Herdrecht, eine Abgabe nach dem Tode eines Leibeigenen, erheben, die Pleutersbacher mit Steuern belegen und - als Zeichen des Eigentumsrechts am Grund und Boden - von jedem Haus im Dorf ein Huhn als Zins einziehen. Nur zwischen 1410 und 1499 gehörte der Herrschaftsbereich Eberbach mit Pleutersbach zur pfälzischen Nebenlinie in Mosbach.

Die Güter links des Baches Pleutersbach waren Zubehör der Burgen Dilsberg, Minneburg, Schwarzach und Zwingenberg. Teile eines ehemals größeren herrschaftlichen Hofes, vielleicht die Reste eines sog. Fronhofes, sowie mehrere Güter zählten zur Minneburg. Die Burg Dilsberg besaß in Pleutersbach ebenfalls einen Hof und mehrere Güter. Der Burg Schwarzach gehörte ein steuerpflichtiges Haus mit Hofreite, die sich zwischen dem Bach und der "Gaß" (Neckargasse?) erstreckten. Das Zwingenberger Zubehör lag ausschließlich auf der östlichen Seite des Pleutersbaches und setzte sich 1474 aus dem Wald Zwingenberger Rain sowie aus den davor gelegenen zinspflichtigen Wiesen zusammen. Am Mündungstrichter des Pleutersbaches standen bewohnte Gebäude, die seit 1405 belegbar sind. Der Hauptteil des Dorfes lag jedoch auf dem rechten Ufer des gleichnamigen Baches. Auf dem Bach wurde Holz geflößt oder zu Flößen zusammengebunden, und die Kurpfalz zog schon im 14. Jahrhundert die sog. Stattmiete (= Zoll für Flussholz) ein.

Pleutersbach unterstand zusammen mit [Neckar-] Wimmersbach, Rockenau und [Badisch-] Igelsbach sowie Neckargerach, Schollbrunn, Krösselbach und Lindach der pfälzischen Kellerei und Zent Eberbach, doch beanspruchte die südwestlich angrenzende Reichartshausener Zent den gesamten Raum vom Pleutersbach bis zur Neckarmitte. Diese Grenzinterpretation sollte ein permanenter Streitpunkt bis in das 19. Jahrhundert hinein bleiben. Von Eberbacher Seite wurde dieser Anspruch stets zurückgewiesen. Im Eberbacher Zentgericht stellten Rockenau und Pleutersbach je einen, Neckarwimmersbach sogar zwei Schöffen.

Pleutersbach war nach [Badisch-] Igelsbach der kleinste der vier Eberbacher Weiler, die zum Landbesitz der Stadt Eberbach zählten, ohne jedoch ein unmittelbares Bürgerrecht zu besitzen. Die auf vielfältige Weise miteinander verschlungenen Beziehungen zwischen der Stadt Eberbach und den vier Weilern verschafften diesen eine Sonderstellung im Vergleich zu den übrigen Dörfern der Kellerei oder gar Zent Eberbach. Trotzdem hatte sich bei ihnen schon im späten 16. Jahrhundert eine separate politische Organisationsform herausgebildet; 1596 wird erstmals ein eigener Schultheiß erwähnt, der in Rockenau wohnte. Die Gemeinsamkeiten zwischen den vier Weilern wuchsen, und im späten 17. Jahrhundert empfanden sich diese als eine "Gemeind in den 4 Weylern", die Schultheiß, "Anwald" (= Vertreter des Schultheißen im Dorfgericht?) und Dorfgericht besaßen. Auf kommunaler Ebene gab es schon den Bürgermeister; unsicher ist nur, ob die vier Weiler einen gemeinsamen oder jeder einen eigenen Bürgermeister besaß.

Die vier Weiler selbst hatten ursprünglich keine eigenen Gemarkungen. Nach langen Streitigkeiten erhielten Rockenau, Neckarwimmersbach und Pleutersbach 1751 die Eigentumsrechte an ihren Allmend-Wäldern, die noch um ein Fünftel aus den angrenzenden städtischen und herrschaftlichen Bau- oder Bannwäldern erweitert wurden. Dafür verzichteten sie auf alle hergebrachten Nutzungsrechte auf dem nördlichen und südlichen Neckarufer. 1766 traten Stadt und Herrschaft noch ein weiteres Stück des Bocksbergs an Pleutersbach zur Vergrößerung von dessen Ackerland ab.

Die Verselbständigung der vier Weiler ging im 18. Jahrhundert nicht nur gegenüber der Stadt Eberbach, sondern auch untereinander weiter. So wurden die 1751 abgegrenzten Gemarkungsflächen zwischen den drei daran beteiligten Weilern abgesteint, ein deutliches Zeichen für getrennte Gemeindevermögen. Wenn auch der Wohnsitz des Schultheißen zwischen den vier Weilern wechselte, so scheint sich doch Neckarwimmersbach als ihr Hauptort herausgebildet zu haben.

Nach der Auflösung der Kurpfalz (1802/03), eine unmittelbare Folge der Französischen Revolution und des Expansionsdranges Frankreichs, fiel das gesamte auf dem rechten Ufer des Neckars gelegene pfälzische Gebiet als Entschädigungsmasse an die aus dem linksrheinischen Deutschland stammenden Fürsten von Leiningen. Nur drei Jahre später, 1806, sollte auch das leiningen'sche Territorium unter badische Souveränität kommen. Die Verselbständigung des inzwischen angewachsenen Weilers Pleutersbach verbunden mit der Aufhebung der bisherigen Gemeinde der Vier Weiler ist eine mittelbare Folge der badischen Politik gewesen, die zur Stärkung des aus unterschiedlichen Bestandteilen zusammengewachsenen Großherzogtums die Kommunen als unterste Verwaltungseinheiten des Staatsaufbaus heranzog. 1815 schied Rockenau aus der Gemeinde der Vier Weiler aus, und dieser Veränderung verdankt Pleutersbach seine Selbständigkeit, wenn auch gewisse Funktionen noch eine Zeit lang vom Hauptort Neckarwimmersbach erledigt wurden. Nach Inkrafttreten der neuen Gemeindeordnung von Ende Dezember 1831 erhielt Pleutersbach erstmals einen Bürgermeister, dessen Legitimation auf seiner Wahl durch die [männlichen] Bürger beruhte.

Die Gemeinde Pleutersbach erstellte bereits 1838 ein Schulhaus und 1873 ein Rathaus. 1894 folgten ein neues Schulgebäude und die erste Wasserleitung. Pleutersbach wahrte seine errungene Selbständigkeit auch in Zeiten, als unter dem Diktat der wirtschaftlichen Notzeit Anfang der Dreißiger Jahre Vorschläge zur Eingemeindung mehrerer umliegender Dörfer (Rockenau, Pleutersbach, Friedrichsdorf, Zwingenberg, Oberdielbach und Lindach) in die Stadt Eberbach diskutiert wurden. Pleutersbach zählte 1929 nur 314 Einwohner und hatte über 48 ha Ackerland, über 39 ha Wiesen und über 106 ha Wald. Trotz der vernünftig erscheinenden Argumente, die auch mit der Abgelegenheit des Dorfes an der Heidelberger Bezirksgrenze begründet wurden, lehnten die Organe und die Bürger von Pleutersbach eine Eingliederung nach Eberbach strikt ab. Anfang der Siebziger Jahre konnte sich Pleutersbach dem Eingemeindungsangebot wegen der veränderten Bedingungen allerdings nicht entziehen. Das Dorf hatte 1973 609 Einwohner und 154 Gebäude, eine Gemarkungsfläche von 266 ha und 53 ha Gemeindewald. Neben der 1960 neu errichteten Schule, die gleichzeitig als Rathaus diente, und der 1970 erstellten evangelischen Kirche besaß die Gemeinde noch ein Feuerwehrhaus und eine Friedhofskapelle. Die einst prägende Landwirtschaft hatte schon wesentlich an Bedeutung verloren, nur noch 11 Einwohner waren Landwirte.

Nach Friedrichsdorf und Lindach wurde Pleutersbach 1974 in die Stadt Eberbach eingegliedert. Die freiwillige Eingemeindung nach Eberbach beließ Pleutersbach eine Reihe von Separatrechten, darunter eine eigene Vertretung mit Ortsvorsteher bzw. Ortschaftsverfassung mit gewissen autonomen Rechten. Nach dem Gemeindungsvertrag von 1973 sollte ein Verkehrsverein Pleutersbach selbständig bleiben. Der heutige Heimat- und Verkehrsverein wurde vom Ortschaftsrat Pleutersbach im Jahr 1996 gegründet. Die Freiwillige Feuerwehr bewahrt als selbständig organisierter Zug der städtischen Feuerwehr ein Eigenleben.  Der Verbesserung der dörflichen Infrastruktur dienten verschiedene Projekte (Kinderspielplatz, Baugebiete, Förderung des Schützensportvereins, Ausbau von Verbindungswegen).

Eine der ersten großen Maßnahmen der Stadt in Pleutersbach war die Einweihung eines Bolzplatzes bzw. der Umbau des Feuerwehrhauses, bald darauf die Kanalisation im Rahmen der Neugestaltung der Ortsdurchfahrt entlang der L 595, natürlich auch der Erhalt des vertraglich zugebilligten eigenen Friedhofes. Die Grundschule in Pleutersbach ließ sich allerdings nicht halten, sie wurde 1977 aufgehoben. Mit dem Umbau der früheren Schule durch einen hochmodernen Anbau zum Stadtarchiv erhielt eine städtische Institution ihren festen Platz in Pleutersbach, die früheren Schulräume dienen als Dorfgemeinschaftshaus den Vereinen zur Pflege des örtlichen Brauchtums.

Literaturhinweise

  • Rüdiger Lenz: Zur Entwicklung des Dorfes Pleutersbach bis zum Übergang an das Großherzogtum Baden - Am Schnittpunkt unterschiedlicher, herrschaftlicher Einflusssphären, in: Eberbacher Geschichtsblatt 93 (1994), S. 80-98.
  • Willi Zimmermann: Pleutersbach von 1803 bis 1993 - Die Gemeindeverwaltung und ihr gestellte Aufgaben, in: Eberbacher Geschichtsblatt 93 (1994), S. 99-118.
  • Rüdiger Lenz: 25 Jahre Zugehörigkeit zu Eberbach: Der Stadtteil Pleutersbach (1974-1999), in: Eberbacher Geschichtsblatt 99 (2000), S. 199-201.

    Rüdiger Lenz: Die Verfestigung des kurpfälzischen Besitzes um Eberbach - Zur urkundlichen Ersterwähnung von Pleutersbach, in: Eberbacher Geschichtsblatt 110 (2011), S. 69-77.

Weitere Informationen: www.pleutersbach.de

 

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