20.04.2023 | Bad. Landesbühne "Quartett"
von Heiner Müller

Am Donnerstag, 20. April zeigt die Badische Landesbühne in der Eberbacher Stadthalle Quartett von Heiner Müller. Beginn ist um 19.30 Uhr.
Die Marquise de Merteuil und ihr ehemaliger Geliebter, der Vicomte de Valmont, die Protagonisten des Briefromans Gefährliche Liebschaften (1782) von Choderlos de Laclos, sind eines der abgründigsten und verruchtesten Paare der Weltliteratur. Der Skandalstoff
diente Heiner Müller 1982 als Grundlage für sein Beziehungsdrama Quartett, das er in einem übergeschichtlichen Zeitraum zwischen einem Salon vor der Französischen Revolution und einem Bunker nach dem Dritten Weltkrieg spielen lässt.
Hier trifft das Ex-Paar aufeinander und liefert sich einen erbarmungslosen Zweikampf zwischen Mann und Frau – von verstörender Brutalität. Der dekadenten Welt einer dem Untergang geweihten Aristokratie entsprungen, rühmen sich die beiden Libertins einer radikal amoralischen Vernunft. In einer vollkommen aufgeklärten und durchrationalisierten Welt ist kein Platz für romantische Gefühle – und so bleibt nur übrig, den Menschen auf seinen Körper und dessen Funktionen zu reduzieren. Das körperliche Verlangen zwischen Merteuil und Valmont weicht zunehmend der Idee, die Liebe in der intensivsten Form, nämlich der der Fiktion, zu erleben. In einem sprachlichen Machtkampf von bisweilen Boulevardeskem Humor durchspielen die beiden grausame sexuelle Intrigen. Merteuil trägt Valmont auf, ihre jungfräuliche Nichte Volanges zu verführen, ihn aber interessiert die gottesfürchtige Gattin Madame de Tourvel mehr. Die Marquise schlüpft in die Rolle Valmonts und dieser verkörpert Madame de Tourvel. So imaginieren sie die Verführung und die Entehrung der Tugendhaften. Langeweile kommt auf, also werden die Rollen erneut gewechselt. Merteuil wird zur jugendlichen Volanges, die Valmont ebenfalls verführt und die seinem Lustmord zum Opfer fällt. Auch die Spielart von sadomasochistischen Unterwerfungspraktiken lassen sich die beiden Raubtiere nicht entgehen. Hinter ihrer Verachtung und ihrem Hass dringt zwar ein uneingestandenes Bedürfnis nach Zärtlichkeit durch, dennoch mündet das Treiben in Vernichtung. Als Tourvel trinkt Valmont den vergifteten Wein, den ihm Merteuil (als Valmont) reicht, und lässt sie allein zurück auf dem Trümmerfeld der ungestillten Leidenschaften.
Heiner Müller (1929-1995) war Lyriker, Dramatiker, Dramaturg, Regisseur, Übersetzer und zuletzt Intendant des Berliner Ensembles. Als scharfsinniger, witziger und visionärer Kopf regte er stets zum Denken, oft auch zum Widerspruch an. Quartett gehört zu seinen meistgespielten Stücken. Darin wollte er nach eigener Aussage „die Struktur von Geschlechterbeziehungen“ freilegen. Liebe zeigt sich da als brutales Spiel um Gewalt und Macht und ist darin Abbild einer auf Herrschaft, Ausbeutung und Materialismus gegründeten Gesellschaft.
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